Erste Überlegungen wurden noch mit Bleistift auf Konzeptpapier niedergelegt. Welche Ausmaße haben die Manuale einer Orgel? Wie weit stehen sie in den Raum? Wieviele Manuale sind denkbar und sinnvoll?
Danach erfolgten weitere Platzüberlegungen am Reißbrett und auf dem Rechner. Genaue Abstände mußten eingehalten werden, der Raum hat nicht unendlich Platz, Dachschrägen und Tragbalken begrenzen die Aufstellmöglichkeiten, vorhandenes fest eingebautes Mobiliar kann nicht verändert werden.
Und schließlich die Frage der Materialauswahl: Billiges Plastik bei den Manualen soll vermieden werden, die Hölzer sollen sich dem Raumbild anpassen. Sollen die Obertasten hell und die Untertasten dunkel sein? Oder gerade umgekehrt? Man legt sich hier nur ein einziges Mal fest.
Ein Teil der Bücherwand wurde ausgebaut. Die Literatur konnte anderweitig Platz finden, aber der Platz war geradezu genial. Da der Organist beim Orgelspiel sitzt, war der Platz unter der Dachschräge genau richtig.
Nach dem Ausbau der Bücherwand zeigte sich, wie Staub sich überall verbreiten kann. Selbst hinter den Brettern der fest installierten Bücherwand drang er ein und man sieht deutlich die Ablagerungen von gut 20 Jahren.
Der im Vordergrund stehende Konzertflügel konnte kaum verrückt werden. Zu seinem Schutz wurde er mit wollenen Decken zugehängt.
Der angelieferte Manualblock wurde nach seiner testweisen Aufstellung sogleich sorgfältig mit einer Decke vor Staub geschützt. Er steht auf einem provisorischen Tisch, den der Schreiner behelfsweise errichtet hat, damit man die exakte Höhe zur Orgelbank auch einmal praktisch erproben und nötigenfalls korrigieren kann.
In der Seiten- und Frontansicht des Manualblocks kann man dessen kunstvolle Verarbeitung bereits deutlich erkennen. Die Untertasten der vier Manuale bestehen aus Ebenholz, die Obertasten aus Kirschholz. Alle Tasten haben einen vollen Holzkern. Jetzt schon läßt sich das herrliche Spielgefühl ertasten.
Auch das Pedal, gefertigt aus massivem Eichenzolz, ist bereits benutzbar. Durch ausgezeichnete Verarbeitung hört man beim Spiel keinerlei Klappern.
Die Anfertigung des Orgelspieltischs erforderte präzise Maßarbeit. Die beiden Schreiner leisteten vorbildliche Arbeit!
Links unten finden sich die drei Bohrungen für die Aufnahme der Fußpistons, mit denen sich später die Setzeranlage der Orgel steuern läßt. Der rechteckige Ausschnitt unten rechts gibt Raum für die drei Fußschweller.
An der Wohnungsrückwand wurde bereits der Schrank für die Aufnahme der späteren Technik montiert. Die Tür des Unterschranks wurde nach einem Vorschlag des Schreiners mittig mit einem Scharnier versehen und läßt sich so leichter öffnen.
In der jetzt montierten Rückwand finden sich die Ausschnitte für das Glasfenster aus der Hamelner Marktkirche sowie die notwendigen Zugänge zu den Wandsteckdosen. Das Glasfenster muß noch geliefert werden.
Zur Erklärung der Wahl des Rattenfängerbildes aus der Hamelner Marktkirche sei bemerkt, daß ich ja gebürtiger Hamelner bin. Mich verschlug es erst nach meiner frühen Kindheit in die Fuldaer Region.
Da ich in der Orgelrückwand unbedingt eine Auflockerung haben wollte und sich ein hintergrundbeleuchtbarer Korpus geradezu anbot, entschied ich mich für ein Glasfenster mit dem Motiv des Rattenfängers.
Das Original des Glasbildes vom Rattenfänger befindet sich in der Marktkirche St. Nicolai in Hameln. Es hat eine stattliche Höhe von ca. drei bis vier Metern. Um von diesem Bild eine Kopie anzufertigen, mußte ich alle Hebel in Bewegung setzen, denn alle Glaser der heimischen Region sahen sich außerstande, hier helfen zu können. So wurde ich bei einem Künstler in Paderborn fündig, der mir das Glasbild schuf.
Nach etlichen Monaten kam das Glasbild endlich wohlbehalten und ordentlich verpackt bei mir an.
Man sieht es noch mit seinen Schutzmaßnahmen verpackt stehen. Der Schreiner baute es dann in den passenden Ausschnitt der Orgelwand ein. Es kann von hinten her beleuchtet werden und bildet unabhängig von der eigentlichen Orgel einen herrlichen Beleuchtungskörper in meiner wunderschönen Dachwohnung.
Hier sieht man meine beiden tüchtigen Schreinermeister bei der Arbeit, Herr Hartung senior mit seinem Sohn, Herrn Hartung junior. Am "Besprechungstisch", dem abgedeckten Konzertflügel, wurden wichtige Entscheidungen getroffen und alle erforderlichen Aufmaße getätigt.
So langsam nimmt der Orgelbau Fahrt auf. Rückwand und Tische sind eingebaut, die Fußschweller wurden bereits montiert, das Glasbild vom Rattenfänger leuchtet in allerschönsten Farben. Jetzt wird es Zeit, Pedal und Manuale zu montieren.
Meine beiden wackeren Schreinermeister bauen gerade den Manualblock ein. Die präzisen Vorarbeiten führen zu einer absolut exakten Paßgenauigkeit.
Um den Manualblock vor Staub zu schützen, erhielt er eine raffiniert ausgeklügelte Abdeckung. Diese dient im ausgeklappten Zustand nämlich gleichzeitig als Notenpult.
Die beiden kleinen Kontrollmonitore links und rechts der Orgel fallen kaum auf, geben aber für Übungszwecke ein einwandfreies Tonbild ab. Die Orgel wird bei konzertantem Vortrag über große Standlautsprecher und einem kraftvollen Verstärker gespielt.
Wenn die Orgel nicht gespielt wird, deckt das Notenpult den Manualblock ab und schützt ihn so vor Staub.
Im zweiten Bild sieht man ein interessantes Detail: Ein kleiner Hebel läßt sich durch Drehung senkrecht aufstellen. Doch welche Funktion hat er?
Im dritten Bild erklärt sich die Funktion dieses kleinen Hebels: Das Notenpult läßt sich nämlich auch so aufklappen, daß es die beiden oberen Manuale abdeckt. Beim Einüben von Orgelliteratur, wo man oft nur zwei Manuale benötigt, ist das äußerst praktisch: Die Noten befinden sich dichter vor den Augen und Notizen können leichter angebracht werden.
Und immer - ob voll aufgeklappt oder nur auf zwei Manuale - ist der Neigungswinkel des Notenpultes gleich. Hier hat der Schreinermeister eine wahrhaft erstklassige Lösung gefunden!
Mein erster Dank gilt dem Orgelhaus im Stiftland in Leonberg. Hier erhielt ich wichtige grundlegende Anregungen zum Orgelbau sowie Vorstellungen von Abmaßen diverser Instrumente. Auch wenn das Orgelhaus bei meinen weiteren Planungen nicht zum Zuge kommen konnte, gilt ihm Dank und Anerkennung für manchen Ratschlag.
Als ausgezeichnetem Spezialisten und wahren Kenner der Materie danke ich an dieser Stelle Herrn Uwe Horche mit seinem Haus PC-Musik in Kaufbeuren. Herr Horche hat mindestens tausend meiner Fragen voller Geduld über Monate hinweg beantwortet und dabei große Kompetenz bewiesen. Er hat alle technischen Komponenten der Orgel zusammengestellt und geliefert.
Manualblock und Pedal wurden vom Orgelbauer Noorlander aus Holland individuell gefertigt. Die gelieferten Farbtöne der Hölzer entsprechen exakt meinen Vorgaben, die Verarbeitung ist erstklassig. Die Verbindung zu und die Abwicklung mit Noorlander stellte Herr Uwe Horche her.
Als wahrhafte Meister im Schreinerhandwerk lobe ich meine beiden Schreiner Hartung senior und Hartung junior der Schreinerei Franz-Karl Hartung in Fulda-Horas. Die beiden Schreiner erledigen auch sonst alle anfallenden Schreinerarbeiten in meinem Hause und haben mit der Erstellung aller Holzeinbauten meiner wunderschönen Orgel eine erstklassige Arbeit abgeliefert und verdienen hohe Anerkennung!
Bei der nicht leichten Auswahl der richtigen Schallwandler half mir das Haus Hifi-Gärber aus Fulda hervorragend weiter. Hier hat vor allem Herr Roland Omert mit mir zusammen geduldig Lautsprecher für Lautsprecher getestet und hatte sich dabei stundenlang Orgelmusik von Bach, Reger und Widor anzuhören, bis schließlich eine ausgezeichnete Lösung der Klangumsetzung gefunden wurde. Die Installation vor Ort verlief erstklassig. Die gelieferten Schallwandler arbeiten nicht nur ganz hervorragend, sondern sind auch eine optische Zierde in meiner Dachwohnung.
Bei der schwierigen Anfertigung des Replikats vom Glasbild des Rattenfängers zu Hameln mußte ich deutschlandweit recherchieren. Alle Glaser und damit verbundenen Künstler konnten mir das gewünschte Glasbild nicht verfertigen. Ich habe dann glücklicherweise doch noch Herrn Wolfgang Dehmel von der Firma Glaviva in Paderborn gefunden. Herr Dehmel hat in geduldiger Kleinarbeit alle Probleme meines Glasbildprojektes erkannt und diese vortrefflich gelöst und eine phantastische Möglichkeit zur Verfertigung des Replikats gefunden. Die Kopie des Glasbildes ist - außer in der Größe - vom Original so gut wie nicht unterscheidbar, ein Meisterwerk und eine optische Bereicherung meiner kleinen Dachwohnung!
∙ Peter Blancke ∙ Elektronische Post: organist@blancke.de ∙